Die Herkunftsnachweise (HKNs) sind ein zentrales Instrument im europäischen und deutschen Energiemarkt. Sie dienen dazu, die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien transparent nachzuweisen und dessen Vermarktung zu erleichtern. HKNs spielen eine wesentliche Rolle bei der Förderung erneuerbarer Energien, der Kennzeichnung von Strom und der Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen.
1. Definition und Zweck von Herkunftsnachweisen
a) Definition
Ein Herkunftsnachweis (HKN) ist ein standardisiertes Dokument, das die Erzeugung von 1 MWh Strom aus einer erneuerbaren Energiequelle bestätigt. Der Nachweis ist ausschließlich ein Handelspapier und hat keinen Einfluss auf den physischen Stromfluss.
b) Zweck
- Transparenz: Dokumentation des Anteils erneuerbarer Energien im Energiemix.
- Vermarktung: Ermöglicht Stromanbietern, ihren Kunden „grünen Strom“ anzubieten.
- Rechtskonformität: Erfüllung der Anforderungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und der EU-Richtlinie 2018/2001 (RED II).
- Förderung erneuerbarer Energien: Indirekter Anreiz für die Investition in erneuerbare Energiequellen.
2. Rechtsrahmen für Herkunftsnachweise
a) Nationale Ebene
- Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG):
- Legt die grundlegenden Regelungen zur Ausstellung und Verwendung von HKNs in Deutschland fest.
- Zuständigkeit: Bundesnetzagentur (BNetzA) als zentrale Verwaltungsstelle für HKNs.
- Energiewirtschaftsgesetz (EnWG):
- Ergänzt die Vorschriften des EEG, insbesondere in Bezug auf die Stromkennzeichnung.
b) Europarechtliche Ebene
- EU-Richtlinie 2018/2001 (RED II):
- Verbindliche Einführung von Herkunftsnachweisen in allen Mitgliedstaaten.
- Harmonisierung der Regeln für Ausstellung, Übertragung und Löschung von HKNs.
- EU-Strombinnenmarktrichtlinie (2019/944):
- Verpflichtung zur Stromkennzeichnung auf Basis von HKNs.
c) Internationale Ebene
- Standardisierung durch die Association of Issuing Bodies (AIB):
- Einführung des europäischen EECS-Standards (European Energy Certificate System) für Herkunftsnachweise.
- Sicherstellung eines grenzüberschreitenden Handels mit HKNs.
3. Funktion von Herkunftsnachweisen
a) Ausstellung von HKNs
- Jede MWh Strom, die in einer Anlage aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, kann mit einem HKN dokumentiert werden.
- Voraussetzung:
- Registrierung der Anlage im Herkunftsnachweisregister.
- Nachweis der Erzeugung durch Messprotokolle des Netzbetreibers.
b) Handel von HKNs
- HKNs können unabhängig vom physikalischen Strom gehandelt werden.
- Handelsplattformen:
- Nationale Register (z. B. HKN-Register der Bundesnetzagentur in Deutschland).
- Internationale Plattformen wie das AIB-Hub.
c) Verwendung von HKNs
- Stromkennzeichnung:
- Stromanbieter nutzen HKNs, um den Anteil erneuerbarer Energien in ihrem Strommix auszuweisen.
- Grüner Strom:
- Unternehmen und Verbraucher können durch den Kauf von HKNs ihren Energieverbrauch als „grün“ deklarieren.
- Nachhaltigkeitsberichterstattung:
- Unternehmen können HKNs nutzen, um ihre Klimaschutzbemühungen zu dokumentieren.
d) Löschung von HKNs
- Nach der Verwendung eines HKNs (z. B. für Stromkennzeichnung) wird dieser im Register gelöscht, um Doppelverwendungen zu verhindern.
4. Verwaltung und Registrierung
a) Herkunftsnachweisregister
- Zuständig in Deutschland: Bundesnetzagentur (BNetzA).
- Funktionen:
- Registrierung von Anlagen.
- Ausstellung, Übertragung und Löschung von HKNs.
- Überwachung der Einhaltung rechtlicher Vorgaben.
b) Anforderungen an die Anlagenregistrierung
- Erzeugungsanlage muss aus erneuerbaren Energiequellen stammen.
- Messkonzept und Datenübermittlung durch den Netzbetreiber.
- Technische Überprüfung und Zertifizierung der Anlage.
5. Vorteile und Kritik
a) Vorteile
- Transparenz: Klare Nachvollziehbarkeit der Stromherkunft.
- Flexibilität: Förderung von erneuerbaren Energien durch den Handel mit HKNs.
- Integration in den Energiemarkt: Harmonisierung und Internationalisierung durch den EECS-Standard.
b) Kritik
- Greenwashing-Risiken:
- Stromanbieter könnten HKNs kaufen, um fossilen oder nuklearen Strom „grün“ zu deklarieren.
- Unzureichende Verbindung zur physischen Stromerzeugung:
- HKNs geben keine Auskunft über die tatsächliche Netzbelastung durch erneuerbare Energien.
- Preisbildung:
- Marktpreise für HKNs schwanken stark und spiegeln nicht immer die tatsächlichen Kosten der Erzeugung wider.
6. Relevante Gerichtsurteile
a) Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
- Urteil vom 21.11.2018, Az. 7 C 24.17:
- Klärung der rechtlichen Anforderungen an die Stromkennzeichnung auf Basis von HKNs.
b) Europäischer Gerichtshof (EuGH)
- Urteil vom 26.03.2019, Az. C-405/17:
- Bestätigung der Notwendigkeit einer harmonisierten Umsetzung der RED II durch Herkunftsnachweissysteme.
7. Zukunft der Herkunftsnachweise
a) Integration neuer Technologien
- Erweiterung des Systems auf andere Energieträger wie Wasserstoff.
- Einsatz von Blockchain-Technologien zur sicheren Verwaltung und Verfolgung von HKNs.
b) Erweiterte Anwendungen
- Nutzung von HKNs zur Zertifizierung von CO₂-neutralen Lieferketten.
c) Stärkere Regulierung
- Einführung von Vorschriften zur Vermeidung von Greenwashing und zur Sicherstellung der physischen Integration von erneuerbaren Energien.
8. Leistungen unserer Kanzlei im Bereich Herkunftsnachweise
a) Beratung
- Unterstützung bei der Registrierung von Anlagen im HKN-Register.
- Beratung zu rechtlichen Anforderungen und Marktstrategien im HKN-Handel.
b) Vertragsgestaltung
- Erstellung von Verträgen für den Kauf, Verkauf und die Nutzung von HKNs.
c) Prozessvertretung
- Vertretung in Streitigkeiten über die Ausstellung, Übertragung oder Verwendung von HKNs.
Die Herkunftsnachweise (HKNs) sind ein wichtiges Instrument zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Schaffung von Transparenz auf dem Strommarkt. Unternehmen können durch die Nutzung von HKNs ihre Nachhaltigkeitsziele dokumentieren und Marktpotenziale ausschöpfen. Unsere Kanzlei kann Mandanten dabei unterstützen, die rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteile von HKNs optimal zu nutzen.